Chancen und Risiken der Künstlichen Intelligenz

Wenn Algorithmen für uns entscheiden

15.04.2020 | RAINER KLOSE
Künstliche Intelligenz (KI) wird immer leistungsfähiger und für immer komplexere Aufgaben eingesetzt. Das wirft ethische Fragen auf, etwa wenn mit Hilfe von KI für Menschen entschieden oder über sie geurteilt wird. Ein Team der Empa war massgeblich an einer neuen Studie der TA-SWISS beteiligt, in der Chancen und Risiken der KI für die Gesellschaft untersucht wurden und die am 15. April 2020 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
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Bild: iStockphoto
Künstliche Intelligenz ist ein sehr leistungsfähiges Werkzeug zur Lösung komplexer Probleme und zur Bewältigung riesiger Mengen an unsortierten Daten. Ihr Einsatz erlaubt es, Sprachen weit besser zu übersetzen als zuvor oder menschliche Gegner in Strategiespielen aller Art zu bezwingen. Stetig wird die KI verbessert und für immer mehr Tätigkeiten eingesetzt, die bisher Menschen vorbehalten waren, etwa um Steuerbetrug zu identifizieren oder Krankheiten zu diagnostizieren.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Doch rapide wachsende technische Fähigkeiten brauchen ein wachsames Auge für die Risiken, die damit einhergehen können. Kann KI etwa massenweise Jobs kosten? Wie ändert sich unser Konsumverhalten, wenn immer mehr Menschen den Kaufempfehlungen einer intelligenten Suchmaschine folgen? Was geschieht mit unseren Medien, wenn KI zur Fabrikation von "Fake News" beiträgt oder ideologische Filterblasen nicht etwa auflöst, sondern sogar ausbaut und verstärkt? Was kann geschehen, wenn die Staatsgewalt KI einsetzt, um vorausschauende Polizeiarbeit zu betreiben, Verordnungen zu erlassen oder die Arbeitsbelastung bei Gerichten zu verringern? Wie soll Forschung und Bildung auf die Chancen und Risiken von KI reagieren und welche Kompetenzen sind besonders für heutige Forschende und zukünftige Entscheidungsträger relevant, um KI für die Gesellschaft bestmöglich zu nutzen?
Diese und ähnliche Fragen wurden in der TA-SWISS-Studie von einem interdisziplinären Projektteam unter der Leitung von Markus Christen von der "Digital Society Initiative" der Universität Zürich, den Empa-Forschern Clemens Mader, Lorenz Hilty und Claudia Som sowie Johann Čas vom Institut für Technikfolgenabschätzung der Österreichische Akademie der Wissenschaften durchgeführt. Die Forscherinnen und Forscher erarbeiteten ihre Ergebnisse mit Hilfe von Methoden wie etwa gezieltem Literaturstudium, Workshops und Befragungen von mehr als 300 internationalen Experten.
Handlungsanweisungen für die Politik
Aus diesen Arbeiten resultieren neun Empfehlungen für verschiedene Bereiche wie Arbeit, Bildung und Forschung, Konsum, Medien und Verwaltung. Im Bereich der Bildung etwa sei es wichtig, Fachleute nicht nur zum Entwickeln und implementieren von KI-Systemen zu befähigen, sondern zugleich die Urteilsfähigkeit über rechtliche, ethische und soziale Auswirkungen der KI zu fördern. In Bereichen mit unklarer Risikolage sollte die Forschung zur Erkennung solcher Risiken intensiviert werden, fordern die Studienautoren. Zu diesem Zweck sei eine Finanzierung seitens der Hochschulen oder über Drittmittelförderung wünschenswert.
Die Expertinnen und Experten äussern sich in der TA-Swiss-Studie auch zur mangelnden Transparenz der KI und ihren möglichen diskriminierenden Eigenschaften. Mögliche Kontrollmechanismen für diese Systeme werden diskutiert, ebenso wie rechtliche Aspekte, die aus der Nutzung von KI hervorgehen, etwa zur Haftung oder zum Datenschutz.