Swissloop mit neuem Pod

Ein schwebender Hyperloop-Pod für Valencia

07.07.2021 | STEPHAN KÄLIN
Zwei Jahre nach der letzten «Hyperloop Pod Competition» von Elon Musk in Kalifornien hat das ETH-Team «Swissloop» gemeinsam mit drei anderen Teams die «European Hyperloop Week» ins Leben gerufen. Mitte Juli reisen die Studierenden der ETH Zürich mit ihrem neuesten, an der Empa entwickelten Pod nach Valencia und tauschen sich mit Forschenden und Industrievertretern über eine mögliche Umsetzung des Hyperloop-Konzepts aus.
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Der neueste Swissloop-Pod beim feierlichen Roll-out zusammen mit dem prominenten Namenspaten Simon Ammann (rechts). Fotos: Swissloop

Es ist ein wahrlich unvergessener Moment in der Schweizer Sportgeschichte: Der junge Skispringer Simon Ammann drückt sich vom Startbalken ab, rast auf den Schanzentisch zu, hebt ab – und fliegt. Er fliegt so weit wie kein anderer und holt sich den Doppelsieg an den olympischen Winterspielen in Salt Lake City 2002. Nun, knapp 20 Jahre später, lässt sich das ebenfalls junge Team von Swissloop von Ammans Höhenflug inspirieren: Der neueste Pod trägt den Namen des Skispringers und teilt eine weitere wichtige Eigenschaft mit ihm: Er schwebt.

Im Jahr 2013 stellte Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk erstmals sein Konzept eines Hyperloops vor, einer Art Rohrpost für den Transport von Gütern und Menschen. In jährlichen Wettbewerben massen sich seither Studierenden-Teams aus der ganzen Welt in der Entwicklung von Hochgeschwindigkeits-Fahrzeugen – sogenannten Pods – für die Fahrt in luftleeren Röhren. Erfolgreich mit dabei: Studierende der ETH Zürich, die sich bis 2019 jedes Jahr in neuen Konstellationen und mit einem neuen Pod-Prototypen am Wettbewerb beteiligt hatten. Im Corona-Jahr 2020 musste die Veranstaltung dann abgesagt werden, und für dieses Jahr hat Musk eine neue Competition ins Leben gerufen, bei der es allerdings nicht mehr um Hyperloop-Fahrzeuge geht (siehe Box). Für die Pod-Bauer von Swissloop gibt es dieses Jahr also keine Reise in die USA – dafür aber nach Valencia.

Mehr Dialog, weniger Wettbewerb

«Gemeinsam mit drei weiteren Teams haben wir uns entschieden, eine europäische Veranstaltung ins Leben zu rufen, die ‹European Hyperloop Week›», sagt Laura Bernet, Kommunikationsverantwortliche von Swissloop. Vom 19. bis 25. Juli 2021 treffen sich 24 Hyperloop-Teams aus ganz Europa im spanischen Valencia. Und obwohl die Pods auch dort in verschiedenen Kategorien miteinander verglichen und evaluiert werden, soll die «European Hyperloop Week» vielmehr eine Dialogplattform als ein Wettbewerb sein. Das beweisen auch die zahlreichen Austauschmöglichkeiten mit Vertreterinnen und Vertretern der Industrie und des öffentlichen Sektors. «Damit möchten wir die Hyperloop-Technologie näher an die Realität bringen», so Bernet. Denn während sich bei Elon Musks Competition in Los Angeles alles um Höchstgeschwindigkeiten drehte, gibt es zahlreiche andere Faktoren, die die Umsetzbarkeit des Hyperloop-Konzepts beeinflussen, beispielsweis die Sicherheit, die Stabilität, die mechanischen und elektronischen Designs oder eben: die Möglichkeit zu schweben – die sogenannte Levitation.

«Durch die Forschung am letztjährigen Pod haben wir gemerkt, dass das Fahren auf Rädern ab einer gewissen Geschwindigkeit unsere grösste Einschränkung ist», erklärt Yvan Bosshard, Operations Lead bei Swissloop, während er auf der Teststrecke an der Empa in Dübendorf die letzten Justierungen am diesjährigen Pod beaufsichtigt. Wie in den Vorjahren setzt das Zürcher Team weiterhin auf einen linearen Induktionsmotor. Neu ist er aber nicht mehr zweiseitig und symmetrisch, sondern befindet sich oberhalb der Fahrschiene. «Der Motor ist dadurch nicht nur vorwärts ausgerichtet, sondern auch aufwärts. Dadurch schaffen wir die Levitation», sagt Bosshard. Und tatsächlich: Schaut man beim Starten des Motors genau hin, macht der Pod einen kleinen Satz – fast wie sein sportliches Vorbild Simon Ammann – und schwebt dann einige Millimeter über der Fahrschiene aus Aluminium.

Mehr Sensoren für die Stabilität

Da das Schweben zahlreiche neue Herausforderungen mit sich bringt, ist die Geschwindigkeit vorerst in den Hintergrund gerückt. «Das Tempo wird automatisch folgen, wenn das Schwebekonzept ausgereift ist», sagt Bosshard. Vor allem der Sensorik kommt nun eine grössere Bedeutung zu. «Wir müssen die Lage des Fahrzeugs ständig kontrollieren und wenn nötig während der Fahrt korrigieren können und setzen dazu weitaus mehr Sensoren ein als in den letzten Jahren», so der Ingenieur. Entsprechend ist auch die Regelungstechnik komplexer geworden; das Potenzial für weiterführende Forschung – und damit für die Arbeit des nächsten Swissloop-Teams – ist also bereits identifiziert: «Der Motor wird durch das Schweben sehr heiss und müsste im nächsten Prototypen aktiv gekühlt werden. Mit Hitzesensoren können wir im Motor wertvolle Informationen für die Weiterentwicklung sammeln.»

Doch vorerst wird der Pod nach Valencia abheben, wo sich das Swissloop-Team einen gewinnbringenden Austausch mit den anderen europäischen Hyperloop-Teams verspricht. Mit im Gepäck sind die guten Wünsche von Simon Ammann, der sich am offiziellen Roll-out «seines» Pods am 2. Juli 2021 im Innovationspark in Dübendorf hoch erfreut gezeigt hat, dass sich die angehenden Ingenieurinnen und Ingenieure von seiner Leidenschaft fürs Fliegen inspirieren liessen.

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Informationen

Redaktion
Stephan Kälin
Kommunikation Empa
Tel. +41 58 765 49 93

Not-A-Boring Competition
Nach der Absage der «SpaceX Hyperloop Competition 2020» kündigte «The Boring Company», ein weiteres von Elon Musk gegründetes Unternehmen, einen neuen Wettbewerb für den Sommer 2021 an: An der «Not-A-Boring Competition» treten wiederum Studierendenteams gegeneinander an. Diesmal allerdings nicht mit Pod-Prototypen, sondern mit Tunnelbohr-Robotern. Damit verlagert Musk sein Engagement bei der Umsetzung des Hyperloop-Konzepts weg von den Fahrzeugen und hin zur Röhreninfrastruktur, durch die die Pods dereinst sowohl Güter als auch Menschen transportieren sollen. Unter den «Digging Dozens», den zwölf Teams, die es an die Endrunde des Wettbewerbs geschafft haben, ist auch das Team «Swissloop Tunneling». Bestehend aus ehemaligen Swissloop-Mitgliedern und in enger Zusammenarbeit mit dem aktuellen Swissloop-Team haben rund 40 Studierende der ETH Zürich einen Tunnelroboter entwickelt, mit dem sie im September 2021 gegen die anderen Teams antreten werden. Die Aufgabe: möglichst schnell einen 30 Meter langen Tunnel mit einem Durchmesser von einem halben Meter zu bohren – und dabei schneller zu sein als eine kriechende Schnecke.


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