Startup hilft bei der Familienplanung

Per App zum Elternglück

10.08.2017 | RAINER KLOSE

Seit Januar ist ein Sensorarmband auf dem Markt, welches fruchtbare Tage im Zyklus einer Frau mit, laut Hersteller, 89-prozentiger Sicherheit bestimmen kann. Die Empa hat die Sensortechnik von Anfang an mitentwickelt.

 

/documents/56164/1339292/AVA+Armband+Stopperbild.jpg/ba0a722e-5513-4eb1-8c9c-b0e9ad6d9df8?t=1502357670177
Das Ava-Armband wird nur nachts getragen und zeichnet in der zweiten Nachthälfte die Daten auf. Am Morgen synchronisiert die Benutzerin die Daten mit einer Smartphone-App – und erhält die Berechnung der fruchtbaren Tage. Bilder: Ava AG

Wann kommt der Moment zum Schwangerwerden? Für Paare mit Kinderwunsch ist das eine schwierige Frage. Eine Bestimmung der fruchtbaren Tage nach der Temperatur- oder Kalender-Methode gilt vielen als zu ungenau, andere Methoden benötigen spezielle Laboruntersuchungen und sind daher umständlich.

Das Medtech-Startup Ava will die Frage nun mit einem modernen Sensorarmband beantworten. Das Arm-band wird nachts getragen und registriert in den ruhigen Schlafphasen der Frau neun physiologische Parameter: Ruhepuls, Hauttemperatur, Herzfrequenzvariabilität, Schlaf, Atemfrequenz und Bewegungsmuster sowie Durchblutung, Bioimpedanz und Wärmeverlust der Haut. Am Morgen werden die Daten dann mit einer Smartphone-App synchronisiert, die daraus den Anstieg der Sexualhormone Östradiol und Progesteron berechnet.

Das Ava-Armband könne 5,3 fruchtbare Tage pro Monat mit einer Genauigkeit von 89 Prozent anzeigen, schreibt die Herstellerfirma in einer Pressemitteilung mit Verweis auf eine Studie des Universitätsspitals Zürich. Seit Herbst 2016 ist das Ava-Armband in den USA auf dem Markt, seit Januar 2017 auch in der Schweiz.

Begonnen hatte das Ganze im Herbst 2014 mit einem von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) geförderten Forschungsprojekt an der Empa. Empa-Forscher Simon Annaheim von der Abteilung «Bio­mimetic Membranes and Textiles» erinnert sich: «Es ging darum, den hormonellen Status einer Frau mit nicht-invasiven Methoden möglichst genau zu bestimmen.» Annaheim startete mit handelsüblichen Smartwatches und Monitoringshirts, die verschiedene Sensoren enthielten, etwa für Körpertemperatur, Herzfrequenz, Beschleunigung, Bewegung und Körperlage. Im nächsten Schritt entwickelte das Empa-Team Prototypen des Ava-Armbands und testete es an Probandinnen.

 

Schwierige Temperaturmessung
/documents/56164/1339292/AVA+Armband.png/fb342004-794e-4393-8f29-af6edf1ac516?t=1502357967203

Schnell stellte sich heraus, wie schwierig exakte Temperaturmessungen mit einem nachts getragenen Armband sind: Die Messung muss auf ein Zehntelgrad genau sein, um Aussagen über den Hormonzyklus zu erlauben. Doch das Verhalten der Probandinnen führte zu deutlich grösseren Abweichungen. So hat etwa Alkoholgenuss, ein Sonnenbad am Nachmittag oder eine Joggingrunde am Abend einen Temperaturanstieg zur Folge. Auch die Lage der Hand mit dem Armband – über oder unter der Bettdecke – beeinflusst die Messung merklich.

Die Lösung: Die Forscher nutzten zwei Temperatursensoren, einen für die Umgebung des Armbands und einen für die Haut. Ausserdem wurden die Messungen von den frühen Schlafphasen auf die Mitte der Nacht verlegt, weil dann alle Körperfunktionen besser im Gleichgewicht sind und die Messwerte stabiler werden. «Das Wichtigste aber ist: Wir müssen die Hauttemperatur mit ­einer Reihe anderer physiologischer Parameter in Beziehung setzen», so Annaheim. «Nur so lassen sich hinreichend genaue Aussagen über den Zyklus machen.» Die Software, die die Messwerte zueinander in Bezie­hung setzt, wurde am «Centre ­Suisse d’Electronique et de Microtechnique» (CSEM) in Neuenburg ent­wickelt.

Die Forschungsarbeit der Empa trug schnell Früchte: Im Dezember 2015 war das Empa-Projekt abgeschlossen, und bereits im Sommer 2016 kam das Armband in den USA auf den Markt. Schon jetzt seien mehr als 50 Schwangerschaften unter Nutzerinnen des Armbands bestätigt worden, schreibt die Herstellerfirma in einer Presseerklärung.

«Die Empa war einer der ersten Forschungspartner der Ava und hat die Entwicklung des Grundkonzepts stark unterstützt. Wir freuen uns, dass wir das unter anderem mit gemeinsamen Publikationen unterstreichen konnten», sagt Peter Stein, Vice President R&D bei der Ava AG.

Information
Dr. Simon Annaheim
Biomimetic Membranes and Textiles
Tel. +41 58 765 77 68

Redaktion / Medienkontakt